Das Göteborg-Syndrom
- Grizzly2
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Das Göteborg-Syndrom
Auch wenn die Verbrechensrate sinkt, steigen in den Krimis die Opferzahlen. In Schweden verwaltet eine Behörde die knappe Ressource „Mordopfer“.
Von Reinhard Umbach (TAZ)
Ortstermin im Hafen von Göteborg. Wir sind verabredet mit Olof Söderlöf von der Königlich Schwedischen Mordregistratur, einer Einrichtung, die weltweit ihresgleichen sucht. Ohne Umschweife kommt der hünenhafte Schwede zum Thema.
Sie wollen doch sicher wissen, warum es mich hier gibt. „Mordregistratur“ klingt ja, als würde man ohne uns gar nicht wissen, wie viele Menschen so täglich umgebracht werden.
Genau. Was zählen Sie denn so?
Unser Gegenüber macht eine weit ausholende Armbewegung und blickt versonnen in Richtung Kattegat.
Angefangen hat es mit Mankell, Sjöwall und Wahlöö. Die haben die Schwedenkrimis so berühmt gemacht, dass irgendwann alle Welt begann zu glauben, in Schweden werde derart gemordet, wie anderswo die Autos in Parkverboten stehen. Die Autoren hatten und haben ihren Ruhm, aber Schweden das Problem. Erst recht, als dann auch noch dieser Stieg-Larsson-Rummel dazukam …
Aber Mord und Totschlag gibt es doch andernorts genauso.
Natürlich! Mittlerweile wollen die Leute aber nur noch Bücher über Verbrechen lesen. Sogar in Lönneberga sind schon Leichenschnüffler unterwegs.
Aber wenn die Leser so hinter den Verbrechen her sind – vielleicht langweilt sie das eigene Leben.
Das Problem ist nur: In vielen Ländern gehen die Verbrechensraten zurück. Auch in Schweden.
Ist doch prima!
Nein, eben nicht. Wir haben nämlich jetzt mehr Krimiautoren und Romantitel als Fälle und Leichen! Schauen Sie mal da vorne den Kran …
Der Polizist zeigt auf ein riesiges Netz, das gerade von einem Fischkutter gehievt wird, und vor allem auf die Leute, die das Geschehen, mit Kameras und Notizblöcken bewaffnet, beobachten.
Das ist jeden Morgen dasselbe: alles Krimiautoren. Gestern war sogar Donna Leon mit einer Gondel im Hafen, weil in Venedig die Leichen ausgehen. Und bei den Fischanlandungen hoffen einfach alle auf spektakulären Beifang.
Sie meinen, die Autoren holen sich hier ihren Stoff?
Ja, leider! Was kann die Kollegin Huss dafür, dass im Fernsehen immer die Leichen im Hafenwasser herumschwappen? In den Wallander-Gegenden sieht es auch nicht besser aus. Überall lungern die Schreiberlinge herum. Aber selber mal Hand anzulegen, um für neuen Stoff zu sorgen, dazu sind sie sich ja zu fein.
Ganzer Text: http://www.taz.de/Die-Wahrheit/!143986/
Grizzly sein
Also bevor jetzt jemand vergeblich nach Olof Söderlöf oder der Königlich Schwedischen Mordregistratur googelt -
"Die Wahrheit" ist die Glossen- und Satireseite der TAZ. Das o.g. Interview ist fiktiv.
Aber wenn man die real existierende Idylle von Schwedenkrimi-Tatorten wie Ystad oder Sandhamn mit dem vergleicht, wie dort in den Krimis Mord und Totschlag "blüht", kann man schon auf solche Ideen kommen.
Von Reinhard Umbach (TAZ)
Ortstermin im Hafen von Göteborg. Wir sind verabredet mit Olof Söderlöf von der Königlich Schwedischen Mordregistratur, einer Einrichtung, die weltweit ihresgleichen sucht. Ohne Umschweife kommt der hünenhafte Schwede zum Thema.
Sie wollen doch sicher wissen, warum es mich hier gibt. „Mordregistratur“ klingt ja, als würde man ohne uns gar nicht wissen, wie viele Menschen so täglich umgebracht werden.
Genau. Was zählen Sie denn so?
Unser Gegenüber macht eine weit ausholende Armbewegung und blickt versonnen in Richtung Kattegat.
Angefangen hat es mit Mankell, Sjöwall und Wahlöö. Die haben die Schwedenkrimis so berühmt gemacht, dass irgendwann alle Welt begann zu glauben, in Schweden werde derart gemordet, wie anderswo die Autos in Parkverboten stehen. Die Autoren hatten und haben ihren Ruhm, aber Schweden das Problem. Erst recht, als dann auch noch dieser Stieg-Larsson-Rummel dazukam …
Aber Mord und Totschlag gibt es doch andernorts genauso.
Natürlich! Mittlerweile wollen die Leute aber nur noch Bücher über Verbrechen lesen. Sogar in Lönneberga sind schon Leichenschnüffler unterwegs.
Aber wenn die Leser so hinter den Verbrechen her sind – vielleicht langweilt sie das eigene Leben.
Das Problem ist nur: In vielen Ländern gehen die Verbrechensraten zurück. Auch in Schweden.
Ist doch prima!
Nein, eben nicht. Wir haben nämlich jetzt mehr Krimiautoren und Romantitel als Fälle und Leichen! Schauen Sie mal da vorne den Kran …
Der Polizist zeigt auf ein riesiges Netz, das gerade von einem Fischkutter gehievt wird, und vor allem auf die Leute, die das Geschehen, mit Kameras und Notizblöcken bewaffnet, beobachten.
Das ist jeden Morgen dasselbe: alles Krimiautoren. Gestern war sogar Donna Leon mit einer Gondel im Hafen, weil in Venedig die Leichen ausgehen. Und bei den Fischanlandungen hoffen einfach alle auf spektakulären Beifang.
Sie meinen, die Autoren holen sich hier ihren Stoff?
Ja, leider! Was kann die Kollegin Huss dafür, dass im Fernsehen immer die Leichen im Hafenwasser herumschwappen? In den Wallander-Gegenden sieht es auch nicht besser aus. Überall lungern die Schreiberlinge herum. Aber selber mal Hand anzulegen, um für neuen Stoff zu sorgen, dazu sind sie sich ja zu fein.
Ganzer Text: http://www.taz.de/Die-Wahrheit/!143986/
Grizzly sein
Also bevor jetzt jemand vergeblich nach Olof Söderlöf oder der Königlich Schwedischen Mordregistratur googelt -
"Die Wahrheit" ist die Glossen- und Satireseite der TAZ. Das o.g. Interview ist fiktiv.
Aber wenn man die real existierende Idylle von Schwedenkrimi-Tatorten wie Ystad oder Sandhamn mit dem vergleicht, wie dort in den Krimis Mord und Totschlag "blüht", kann man schon auf solche Ideen kommen.
Zuletzt geändert von Grizzly2 am 12. Oktober 2014 11:04, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Das Göteborg-Syndrom
Herrlich!
Danke für den Lesetipp!
Es gibt ja schon Berechnungen, welche Ortschaften über kurz oder lang ausgestorben sein müssten....
LG/Helma (bekennender Krimifan)
Danke für den Lesetipp!
Es gibt ja schon Berechnungen, welche Ortschaften über kurz oder lang ausgestorben sein müssten....
LG/Helma (bekennender Krimifan)
- Grizzly2
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Re: Das Göteborg-Syndrom
Vorrangige Kandidaten: Fjällbacka, Sandhamn, Ystad ... Die letzteren beiden Orte steuern ja schon gegen, indem sie mit den Krimis Touristen anlocken, die die durch die Mordopfer entstandenen Lücken auffüllen, v.a. im Sommer. Ich nehme an, in Fjällbacka ist das ähnlich, da war ich nur noch nicht.
Re: Das Göteborg-Syndrom
Ja, so sehe ich das auch!
Geschickt, wie sie das machen.
Fjällbacka müsste schon ausgestorben und von der Landkarte verschwunden sein, auch da gleichen die Touristen viel aus!
Es ist schon eine Phänomen, welche Faszination von den Krimis ausgeht.
Mord und Totschlag zur Unterhaltung, da lernt man ganz neue Seiten an sich selbst kennen. Doch das möchte ich hier lieber nicht vertiefen...
Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß mit spannenden Krimis/Helma
Geschickt, wie sie das machen.
Fjällbacka müsste schon ausgestorben und von der Landkarte verschwunden sein, auch da gleichen die Touristen viel aus!
Es ist schon eine Phänomen, welche Faszination von den Krimis ausgeht.
Mord und Totschlag zur Unterhaltung, da lernt man ganz neue Seiten an sich selbst kennen. Doch das möchte ich hier lieber nicht vertiefen...
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Re: Das Göteborg-Syndrom
Fjällbacka (das ja auch noch Ingrid Bergman in Reserve hat) bietet Mordvandringer an:
http://www.vastsverige.com/sv/fjallback ... jallbacka/
http://www.vastsverige.com/sv/fjallback ... jallbacka/
Re: Das Göteborg-Syndrom
danke für den artikel - am anfang dachte ich, es sei die einleitung zu einem weiteren spannenden krimi...
die idee dahinter ist wirklich interessant, ich hab es mir bei wallander mal gedacht.
lg michi
die idee dahinter ist wirklich interessant, ich hab es mir bei wallander mal gedacht.
lg michi
LG michi
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