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Verfasst: 13. Dezember 2008 16:37
von sysco
nightbow hat geschrieben:das römische reich (war deine idee, oder?)
Nicht direkt. Ich habe per google ein Interview mit einem holländischen Professor gefunden und seine Aussagen im Gesamtzusammenhang für authentisch befunden.

Der Rest ist tatsächlich sehr komplex, aber wir versuchen dem auf den Grund zu gehen. Schließlich kann man die Gegenwart nur verstehen, wenn man die Geschichte kennt. Was ich zuletzt gelesen habe, war, daß durch die Traumata nach dem 2. Weltkrieg die deutsche Ingenieruskunst für ein Minderwertigkeitsgefühl herhalten musste, um es auszugleichen. Ist zumindest nicht ganz abwegig.

Wobei, Schweden hatte vor nicht allzu langer Zeit auch versucht ein Imperium aufzubauen. Aber irgendwann wurde daraus nichts mehr.

Verfasst: 13. Dezember 2008 18:06
von sysco
Das stimmt. Aber ein ähnliches Minderheitsgefühl ist auch im Jantegesetz der Nordländer verankert.

Viele Deutsche Ingenieure sind vor oder während dem 2. Weltkrieg in die USA ausgewandert und das waren sehr sehr gute Leute, ohne die auch Amerika nicht so weit wäre. Es wäre vermessen zu sagen, daß nur die Deutschen Anteil daran hatten, denn auch andere USA-externe Nationalitäten waren daran beteilgt. Aber die Deutschen waren eben auch in vielen Bereichen Richtungsgebend.

Deine Ausführungen kann ich soweit bestätigen, ohne jetzt in eine Ecke abzugleiten. Grundsätzlich können wir also festhalten, daß sowohl bei Schweden, als auch bei Deutschen grundsätzlich ein Minderwertigkeitsgefühl vorhanden ist, wobei sie grundverschiedene Ursprünge haben.
So, und wieso entwickelt sich in Deutschland dann eine Ellenbogengesellschaft ?

Mir kommt die nächste Theorie. Die Deutsche Wirtschaft musste nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgebaut werden und das wollte man möglichst schnell erreichen. Um an Geld dafür zu kommen, muss man etwas machen, das andere haben wollen. Man muss auch besser sein als die anderen. Dazu will ich noch sagen, daß das Finanzsystem den Deutschen von den Amerikanern aufgedrückt wurde (es gab ja keins mehr in Deutschland), aber ab den 70er Jahren wurden die Deutschen sich selbst überlassen.
Also, man musste Sachen produzieren, die nachgefragt wurden und dafür musste man besser sein als die Konkurren - auch aus dem Ausland.
Das kann man natürlich irgendwann übertreiben, mit dem Konkurrenzdenken. Hinzu kommt, daß die Bevölkerungszahl steigt. Je mehr Leute da sind, desto mehr wollen natürlich etwas vom Kuchen abhaben und jeder will möglichst viel davon haben -> Ellenbogen benutzen.
Verweise nach Schweden zum Jantegsetzt: "Glaub nicht, daß du besser bist." Dieses Gesetz gibt es in Deutschland nicht.

Verfasst: 13. Dezember 2008 21:35
von Lille Emil
Hihihi! :lachen4:
Merkste was nightbow???? :pfeif:



Wir sind beim deinem Thema, wo du schon in anderen Treads vor gewarnt hattest. Willkommen bei der Thematik: "Das dritte Reich"
Gruß
Emil
:winterbild:

Verfasst: 13. Dezember 2008 23:19
von sysco
@Lille Emil: das müssen wir ja nicht vertiefen
@nightbow: deshalb habe ich im anderen Thread einen Link hierhin gesetzt. Nun ja, die beiden Threads sind sich schon sehr ähnlich.

Verfasst: 14. Dezember 2008 15:43
von sysco
Ist jemandem schon aufgefallen, daß die Luft in Schweden (bzw. in Nordeuropa) trockener ist als in Deutschland ? Und je nördlicher, desto stärker ? Hat die Wirkung, daß die Kälte sich nicht so kalt anfühlt, wie bei der höheren Luftfeuchtigkeit in Deutschland. Minusgrade sind also erträglicher. Dafür dürfte diese trockenere Luft nicht gut für z.B. Asthmatiker sein, weil sie sauerstoffärmer ist.

Verfasst: 14. Dezember 2008 18:47
von Thydyinglight
jop war bei minus 7 Grad nachts drausen ohne Jacke ganz angenehm. Hier in Deutschland fühlen sich gerade +8 Grad wesentlich kälter an!

...........

Verfasst: 14. Dezember 2008 18:59
von Stockholmsbo
Ich bin vor zwei Jahren mit meinen Töchtern (16 und 13) nach Schweden gekommen und muss sagen, dass sich mein Leben als alleinerziehende Mutter extrem verbessert hat. Ich habe schnell eine gut bezahlte Arbeit gefunden. Es ging uns noch nie so gut. Kinder geniessen eine andere Priorität als in Deutschland.
Allerdings haben wir hier viel mit Kleinkriminalität zu kämpfen, das kenne ich nicht aus Deutschland.
Was mich manchmal nervt ist, dass Schweden sehr im Prozess leben, also bis eine Entscheidung getroffen wird, kann manchmal lange Zeit vergehen. Handlungskraft gehört nicht zu ihren starken Seiten (jedenfalls nicht da wo ich lebe, aber ich lasse mich gern eines besseren belehren).
Das mit der Religiösität habe ich auch bemerkt. Ich habe einmal mit einem Schweden darüber gesprochen, der meinte "Die Religion in Schweden heisst Sozialdemokratie." Schweden ist von Alters her eine Klassengesellschaft gewesen, des merkt man dort wo ich lebe auch heute noch. Um einen Job im Management zu bekommen kann es wichtiger sein wie man heisst als was man kann. Darüber kann auch das für uns vertraulich wirkende "du" nicht hinwegtäuschen. Wie jemand vorher geschrieben hat, die Schweden haben auf dieses "du" nicht diese romantische Sicht wie wir sie haben.
Trotzdem werde ich wohl in 1,5 Jahren nach Lillehammer in Norwegen gehen. Ich habe dort im November ein Vikariat gemacht und fand es sehr schön. Als dann das Jobangebot kam, habe ich zugeschlagen.

Verfasst: 14. Dezember 2008 19:36
von sysco
Man findet in Schweden quasi keine schlecht bezahlte Arbeit. Wenn man in Schweden irgend etwas gegen Kinder sagt oder macht, gilt man ziemlich schnell als aso... also das ziemliche Gegenteil von Deutschland.
Europaweit stehen selbst Alleinerziehende in Schweden besser da.
Ja die Kleinkriminalität...z.B. sogut wie überall, wo man vernünftig Rad fahren kann, wird es auch getan und sogut wie überall sieht man aber auch Rahrradleichen. Die werden hier fast durchgehend wie ein Verbrauchsgut behandelt, also sehr unpfleglich - und werden sehr oft gestohlen, ganz oder in Teilen.
Sehr interessante (und ernüchternde) Aussage zur Religion. Anders gesagt, vergessen wir sie.
Und obwohl das "du" gang und gäbe ist, aber bei vielen Schweden ist es immer noch so, wenn sie irgendwo einen Nichtschwedischen Namen lesen oder hören, blocken sie ab. Diese Person ist dann sogut wie direkt ausgeschlossen und minderwertig oder bekommt einen Stempel aufgedrückt. Willkommen bei der gelungenen Integration von Ausländern. Aber weil die Schweden immer versuchen ein schönes Bild von sich abzugeben, sagen sie lieber nichts. Und bevor sie zu einem "nein" quasi gezwungen werden, sagen sie entweder kanske(vielleicht) oder gehen lieber. Das ist dann die political correctness, sehr gut vergleichbar mit Deutschland - nur eben anders.
Zur Handlungskraft sage ich jetzt nur noch: Disziplin. Was ich dann aber nicht verstehe: Wieso funktioniert die Wirtschaft trotzdem recht gut ? Wenn Entscheidungen so lange hinausgezögert werden, was macht man in der Zwischenzeit ? Ist das in Deutschland gepredigte "Wir wollen/müssen wachsen" dann ein hinter´s Licht führen der Leute oder eigene Anteilsmaximierung ? Was verliert man eigentlich, wenn man nicht schnell wächst, sondern eher gemächlich ?

Gibt es außer dem Job noch etwas, was dich speziell nach Norwegen zieht ?

Verfasst: 15. Dezember 2008 09:22
von hansbaer
Ähem, diese Liste hat gerade einmal 28 Punkte - von der ganzen Welt zu sprechen ist da schon eine Übertreibung.

Im Übrigen muss man das auch noch relativieren. In Schottland sind beispielsweise rund 65% des Grundes im Besitz von Adligen, weil eine Bodenreform nie stattgefunden hat. In England ist es annähernd so.
Ich glaube nicht, dass das in Schweden so extrem ist.

Biem Human Development Index steht Schweden sehr gut da - Platz 6.

Es muss ja nicht notwendigerweise jeder das gleiche haben, solange jeder genug hat, um zu leben.

Verfasst: 15. Dezember 2008 10:43
von sysco
Stockholm ist die schwedische Hochburg von schön, toll, modisch - und damit einhergehend arrogant und oberflächlich. Das ist auch ein Grund, wieso bei der ländlichen Bevölkerung die Stockholmer nicht gemocht werden. Göteborg hat eine meinem Eindruck nach aufgeschlossene und freundliche Bevölkerung. Es wird gesagt, daß in Göteborg die freundlichsten Menschen Schwedens leben. Ich würde zumindest nicht das Gegenteil behaupten. Der Verkehr ist zwar wuselig, aber nicht gefährlich.
In Malmö herrscht meinem empfinden nach diese typische Skåne-Mentalität vor. Ich will sie nicht verurteilen, aber mir liegt sie nicht. Und der Stadtverkehr steht dem einer gewöhnlichen deutschen Großstadt im Stress in nichts nach, vielleicht sogar das Gegenteil. Jedenfalls musste ich bis dato bei einer grüner Fußgängerampel noch nicht zurücktreten um nicht von einem Auto überfahren zu werden. Allerdings ist die Stadt praktisch klein und soweit auch recht schön. Aber "ta det lungt" ist das wirklich fehl am Platz.

Dieses Beispiel mit den Banken erklärt exemplarisch (in Kombination mit anderen Faktoren), wieso die Schwedische Wirtschaft weltweit nicht so präsent ist wie die Deutsche. Andererseits: wer nicht hoch fliegt, kann auch nicht tief fallen. Ich denke das Prinzip der schwedischen Wirtschaft ist langsam, aber sicher.

In Schweden verdienen die meisten zwar auf dem selben Niveau, aber nicht umsonst gab es auch um die 100 Schweden, die in die Liechtenstein-Steueraffäre verwickelt waren. Du zahlst hier als Schwede den gewöhnlichen Beitrag zum System und wenn du besonders erfolgreich bist, kannst du es auch sein. Und manche versuchen das Geld eben zu verstecken.

Verfasst: 17. Dezember 2008 00:08
von sysco
Ich pflege diesen Thread noch etwas weiter :)

"To many Swedes, Christmas is more of a food and family gathering than a religious holiday."

Quelle: http://www.thelocal.se/16394/20081216/

Verfasst: 17. Dezember 2008 01:56
von nightbow
(gelöscht - sorry leute)

Man muss Beziehungen haben oder extrem viel Geld

Verfasst: 24. Dezember 2008 16:40
von thomasarnds
Ja ihr alle da. Das liest sich ja alles so unrealistich für mich. Ich finde das schwerste ist überhaupt erstmal einen Job in Schweden zu finden. Ist fast unmöglich für mich. Dabei bin ich Handwerker und ein Spezialist in meinem Fach. Ich denke ein Umzug nach Schweden geht nur mit Beziehungen oder extrem vielem Geld.

Thomas

Verfasst: 24. Dezember 2008 18:13
von sysco
Hallo Thomas,

Es ist schwierig, dir etwas vernünftiges mit auf den Weg zu geben, da du nicht viel von dir preisgibst, was in einem öffentlichen Forum auch verständlich ist.

Du brauchst entweder einen Job in Schweden, bevor du umziehst oder musst dir so viel Geld angespart haben, daß du die ersten Monate ohne Einkünfte klarkommst. Ist fast wie sich selbständig machen.
Es braucht seine Zeit, bis man in die Gesellschaft aufgenommen wird. Rechne bitte nicht in Wochen oder gar Tagen. Aufgenommen wird man am ehesten, wenn man sich mit ihnen unterhalten kann, also die Sprache beherscht und auch versteht, wie die Leute ticken. Man also mit deren Mentalität zurechtkommt. Die Mentalität ist dabei fast schon wichtiger, denn die Sprache lernt man mit der Zeit automatisch.
In Schweden läuft viel mehr über Beziehungen und "ich kenne ihn" als in Deutschland - würde ich sagen. Und ich glaube nicht, daß viel Geld etwas daran ändert, denn die meisten Leute in Schweden sind nicht Geld-fixiert.

Handwerker und Spezialist zu sein reicht alleine nicht aus. In Deutschland ist man sehr fixiert darauf, was jemand kann. Ob die Persönlichkeit in die Firma passt, ist fast schon egal. In Schweden ist es quasi umgekehrt: erst muss du von deiner Art reinpassen und dann schaut man, was du kannst.
Das wird in Deutschland über die nordischen Ländern gar nicht erwähnt, weil die Deutschen mit dieser Sichtweise nichts anfangen können. In Schweden zählt der Mensch als solches noch viel mehr. In Deutschland ist es eher die Sichtweise wie auf einen Sklaven (Obrigkeitsdenken).